Predigt am Himmelfahrtstag 2025 in der kath. Kirche St. Petrus Canisius. Anlass: Stadtkirchentag Friedrichshafen
Liebe Gemeinde. Sie sind in einer fremden Stadt. An ihrer Brille ist ein Bügel ist lose, das Schräubchen geht verloren. Ohne Sehhilfe sind Sie aufgeschmissen. Die Läden haben bereits geschlossen. Aber jemand sagt Ihnen: „Ich hab‘ Ihnen da eine Adresse.“ Sie machen sich zu dieser Adresse auf. Und ihnen wird geholfen. Ihre Brille ist wieder funktionstüchtig. Die Adresse hat gepasst.
„Wo ist Jesus jetzt?“ fragten sich die ersten Christen. Sie hatten vernommen: Er ist auferstanden. Und sie haben denen zugehört, denen er nach seiner Auferstehung noch einmal erschienen ist. Sie aber hatten ihn nicht gesehen, nicht gehört. Wohin sollten sie sich wenden?
Der Verfasser der Apostelgeschichte nennt ihnen die Adresse. Er erzählt dazu die Geschichte, die wir eben in der Evangelien-Lesung gehört haben.
Unbestritten geht es in dieser Geschichte um den, den sie suchen, auf den sie ihre Hoffnung setzen:
Er hat gelitten.
Er hat zu seinen Gefolgsleuten vom Reich Gottes geredet.
Er hat mit ihnen gegessen.
Er hat ihnen ihren Platz zugewiesen. Er hat gesagt: Da wo ihr gerade sein, in Jerusalem, da seid ihr richtig. Sie wollen erfahren, wie es weiter geht mit dem Volk Gottes. Er sagt: Das braucht ihr nicht wissen, um zu leben. Es genügt, wenn ihr meine Zeugen in dieser Welt seid.
Und da sind wir nun, an unserem Platz. In unserer Stadt am Ufer des Bodensees und sollen Zeuginnen und Zeugen sein. Gemeinsam schauen wir am heutigen Feiertag nach oben, miteinander als katholische und evangelische Christen. „Ich hebe meinen Augen auf zu den Bergen, woher kommt mir Hilfe?“ lesen wir im Psalm 112. Ja wir sind hier und heben unsere Augen empor. Und das ist gut so. Wir lassen unsere Gebete in den Himmel steigen, wir loben Gott im höchsten Thron. Wir schöpfen Kraft aus der Liturgie und dem Wort Gottes. Und wir merken im besten Fall wie uns Hoffnung und Zuversicht zufließen vom Himmel her. So begehen wir unsere Sonn- und Feiertage.
Die Adresse unserer Lieder und Gebete ist dieselbe, gleich ob wir in St. Petrus Canisius, in St. Nikolaus, in der Schlosskirche oder anderswo Gottesdienst feiern. Wir sagen, die Adresse ist im Himmel. Und wir meinen damit das, was die Briten als „heaven“ im Gegensatz zu „sky“ bezeichnen, den Himmel Gottes.
Ja, wir haben da eine Adresse, von der wir uns Hilfe erwarten dürfen.
„Seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht.“ Sagt Jesus im Lukasevangelium. Im entsprechenden Kapitel 21 geht es um das ganze Elend der Welt, Krieg, Hungersnot, Verfolgung. Und so anders ist es bei uns nicht, wenn wir die Nachrichten aus aller Welt hören und Bilder von Elend und Zerstörung auf unsere Bildschirme geliefert bekommen. Manche fesselt der Blick auf die Nachrichtenlage so, dass sie nicht mehr anders können, als auf das Handy zu starren. „Erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht“. Wenn wir diese andere Blickrichtung nicht hätten, den Blick nach oben, müssten wir verzagen.
Wir wissen um eine Adresse im Himmel. „Vater unser im Himmel“ beginnt das bekannteste Gebet der Christenheit. Und indem wir beten, wissen wir uns gleichzeitig an unsere Welt gewiesen. Wir bitten für uns selbst, für unsere irdischen Sorgen und Nöte. In den Fürbitten denken wir an die Menschen hier und in der Ferne und an die Schöpfung, in der wir leben. Unser Blick nach oben schärft unseren Blick in dieser Welt.
Nach einem Feiertag nach einem Sonntag kommt der Alltag. In den nächsten 11 Tagen wird unser Alltag auch Stadtkirchentag sein. Die Verheißung, die uns gilt, lautet: „Ihr werdet meine Zeugen sein“. Wir dürfen wissen, wer im Himmel ist, und was im Himmel gilt. Dort waltet mit dem Himmelfahrtsevangelium kein blindes Schicksal mehr. Der Himmel, den wir meinen, ist nicht kalt und leer wie das All der Astronomen. Der, den wir im Himmel, „heaven“ wissen, ist derselbe, der den Menschen auf der Erde göttliche Liebe erzeigt und zuwendet. Er hat die Menschen am Rande der Gesellschaft nicht abgewiesen. Er hat sie hinein genommen in die Gemeinschaft mit Gott und den Menschen. Er hat ihnen die Teilhabe und Chancen wieder geschenkt, ihre Selbstwirksamkeit gestärkt. Er hat Sehnsucht nach Frieden und Gerechtigkeit geweckt und gepflegt. Er hat die Würde eines jeden Menschen beteuert, auch die Würde dessen, den wir nicht kennen, der anders ist als wir, der von woanders kommt, die oder der fremd ist in unserer Stadt. Er hat die Würde beteuert auch dessen, der schuldig geworden ist. Und er ließ niemand untergehen, auch den Petrus nicht.
All das können wir wissen von dem, der da jetzt im Himmel ist. Der den Himmel zu einer guten Adresse für uns Menschen macht.
„Ich habe da eine Adresse“, das dürfen wir uns sagen, wenn uns der Lauf der Welt das Fürchten lehrt oder eine Lebenssituation uns vor Herausforderungen stellt. Ja, wr dürfen uns glücklich schätzen, dass wir eine Adresse haben. Das dürfen wir auch mitteilen, wenn jemand danach fragt, was unsere Hoffnung nährt, was unser Trost ist.
Mehr noch: Wir selbst sollen Jesu Visitenkarten sein in der Welt, in der Stadt, in der wir leben. Jesus ist jetzt im Himmel. An uns sollen Menschen ablesen können, wie er ist. Deshalb heißen wir Christen. Diese Visitenkarten, die wir sein dürfen, sind manchmal fast unleserlich. Aber:
„Ihr werdet meine Zeuginnen und Zeugen sein“. Das wollen wir beherzigen. Nicht nur am Stadtkirchentag, sondern alle Tage. Amen.